Thomas Stucki, CIO der SGKB, schreibt in der Handelszeitung vom 14.5.2019, dass die aktuelle Wette mit CME-Futures gegen den CHF leicht nach hinten losgehen könne. Hinter der Wette stehe die Erwartung, dass die optimistische Stimmung an den Märkten zu einer Schwächung des CHF führe (“risk-on”). Gleichzeitig sichere die SNB gegen das Risiko einer Aufwertung ab. Thomas Stucki wendet ein, dass die Stimmung leicht kippen könne, und dann greife die SNB erst bei einer starken Aufwertung um mehrere Rappen ein.
Das stimmt. Der mögliche Absturz bei einer Wette gegen den CHF ist aber aus dem folgenden Grund noch grösser: Wenn sich der CHF abschwächt, kann die SNB endlich ihre riesigen Devisenpositionen mit Gewinn abbauen. Das wäre für sie hochwillkommen. Damit werden aber CHF vom Markt genommen, was den Fall des Frankens stabilisiert. Damit ist das Gewinnpotenzial der Spekulanten begrenzt. Die SNB stellt für den CHF also auch einen “floor”, nicht nur den offiziell kommunizierten “ceiling” (bzw. einen “Jordan call” in Analogie zum “Greenspan put” für die US-Aktienmärkte).
Wie sieht es aber mit dem “ceiling” aus? Eine begrenzte Aufwertung würde die SNB inzwischen wohl sowieso zulassen. Kann sie sich aber bei einer weiteren Aufwertung darüber hinaus noch wehren? Angesichts der Grösse ihrer Bilanz hat sie eigentlich nur noch das Instrument noch stärkerer Negativzinsen in der Hand. Dieses ist wenig populär und begrenzt wirksam. So gesehen ist der Wille zur Absicherung nach oben schwach und die Fähigkeit dazu auch nicht ausgeprägt.
Die Spekulanten meinen, ein asymmetrisches Risiko entdeckt zu haben: eine nach unten offene Abwertung gegenüber einer nach oben gedeckelten Aufwertung. In Tat und Wahrheit ist die Situation schon asymmetrisch, aber in umgekehrter Richtung als erwartet.
Es kann natürlich sein, dass hinter dem Shorten des CHF im Währungspaar USD/CHF umfassendere Strategien stecken unter Einbezug von weiteren Währungspaaren oder anderen Werten. Auf den ersten Blick scheint es mir aber doch so, dass die Wette auf einen schwächeren CHF v.a. von der ins Auge springenden Zinsdifferenz getrieben ist: zwischen dem USD und dem CHF befindet sich der aktuell grösste Spread zwischen Hauptwährungen. In der Welt vor 2007 mit passiven Notenbanken wäre das eine vernünftige Strategie gewesen. Heute wettet man damit gegen die Bank.
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SW/2019-05-15